Solidarität mit den Hausbesetzer_innen in Holland

Kraaken is verzet! Kraaken gaat door!

Nach Schätzungen des niederländischen Bauministeriums sind landesweit bis zu 1000 Gebäude, von kleinen Häusern bis hin zu ganzen Wohnblocks, in den Händen von Hausbesetzer_innen. [1] Allein in Amsterdam soll es in den 80er Jahren zwischen 1000 und 1500 besetzte Häuser gegeben haben. [2] Dies wird sich in der nächsten Zeit wohl ändern. Inzwischen ist die Repression gegen Besetzer_innen auch in Holland angekommen.

In den Niederlanden waren Hausbesetzungen bis zum Anfang diesem Monats legal, jedenfals wenn ein Haus «gekraakt» wurde, dass schon mindestens ein Jahr leer stand. [3] Durch dieses liberale Gesetzt, verbreitete sich die Methode des Häuserbesetzens sehr schnell. So sind oder waren es einerseits Schüler_innen und Student_innen, welche kein Geld für die teuren mieten hatten, oder dann Gruppierungen oder Projekte aus linksautonomen Kreisen, welche sich auf diese Weise Häuser angeeignet haben.

Im September 2009 hat die zweite Kammer (siehe Kasten) des holländischen Parlament ein neues Gesetzt angenommen, was nun Hausbesetzungen komplett verbietet. Für das «Kraakverbot» haben Rechtspopulisten (PVV, List Verdonk), christlichen Fundamentalist_innen (CU, SGP), Liberale (VVD) und den christlichen Demokrat_innen (CDA) gestummen. [4] Zünglein an der Wage durfte die Rechtspopulisten rund um Geert Wilders von der PVV (Partij voor de Vrijheid) spielen. Sie stimmten der Neuregelung erst zu, als die ursprünglich angedachte Strafe von vier Monaten Gefängnis für Hausbesetzungen deutlich erhöht wurde. [5] Eine Besetzung wird nun als Hausfriedensbruch mit einem Jahr Gefängnis bestraft. Wenn Besetzer_innen mit Einschüchterungen oder Gewalt vorgehen, sollen Gerichte die Haftstrafe auf zwei Jahre verdoppeln. Und bei Gewaltanwendung durch ganze Gruppen ist eine Höchststrafe von zwei Jahren und acht Monate vorgesehen. [6]

Am 1. Oktober 2010 ist nun das neue Gesetzt in Kraft getreten. Das Medienecho ist in der Schweiz sehr klein, wenn überhaupt vorhanden. Nur einige Agenturmeldungen sind im Netzt zu finden. Diese gehen vor allem um die Demonstrationen und Ausschreitungen vom ersten Oktoberwochenende. In Amsterdam und Nijmegen fanden zwei Demonstrationen statt, um zu zeigen, dass das «kraaken» weitergeht – wenn auch nun illegal. [7] In Amsterdam nahmen an der Demo rund 800 Personen teil. Kurz vor ende des Umzuges wurden sogar noch Luxuswohnungen gegenüber eines Polizeipostens besetzt. Später kam es dann auch zu den schon fast üblichen Auseinandersetzungen mit der Polizei. [8]

Das Kollektiv «Geist der Einheit» hat einen Aufruf veröffentlicht, welcher sich an alle Gegner_innen des Squatverbots, an alle Ex-Besetzer_innen, an alle Jugendlichen (die besetzen möchten), an alle Freund_innen und Sympathisant_innen der Besetzer_ibbeb, an alle politischen Aktivist_innen, an alle antifaschistischen Aktivist_innen, an alle Künstler_innen, die in den Squat Werke kreieren, an alle Bandmitglieder_innen oder DJs, die in Squats gespielt haben, an alle, die Partys und Konzerte in den Squats geniessen, an alle Reisenden, die Squats besuchen und dort übernachten und an alle, die nicht erwähnt wurden gerichtet ist. [9] Des Weiteren ist im Aufruf zu lesen: « Wir sind stolz auf unsere Art zu leben und bereit, unser Recht, leere Häuser zu besetzen, zu verteidigen. Wir werden den Kampf nicht aufgeben! Einige von Euch erinnern sich vielleicht an die wütenden Jugendlichen von Kopenhagen, die fürs Ungdomshuset und die Würde kämpften. Falls nötig, sind wir bereit den jugendlichen Geist Dänemarks und Griechenlands in unsere Strassen zu tragen!»

Hartes Durchgreifen scheint der neue Plan der Amsterdamer Stadtregierung zu sein. Die schätzungsweise 300 besetzten Häuser in Amsterdam, wurden in 3 Kategorien unterteilt. Unter Kategorie 1 fallen Häuser die beim Zeitpunkt der Besetzung weniger als ein Jahr leer standen oder die durch jegliche für die Stadt oder Nachbarschaft negative Aktivitäten aufgefallen sind. Unter Kategorie 2 fallen Gebäude die zwar erst nach einem Jahr leerstand besetzt wurden, für welche es allerdings Pläne gibt. Selbiges gilt für Kategorie 3 mit dem unterschied, dass es keine Pläne für diese Liegenschaften gibt. Die Stadt schätzt dass ca. 200 Häuser unter Kategorie 1 und 2 fallen und will dass diese schnellst möglich geräumt werden. Die verbleibenden 100 Häuser der Kategorie 3 sollen erst geräumt werden wenn die Polizei die nötige Kapazität dafür hat. [10]

One struglle, one fight – Solidarity is a weapon!

Aber nicht nur in Holland sieht es nicht gut aus: Scharni29 und Liebig 14 in Berlin, Rote Flora in Hamburg, Binz in Zürich… um nur einige bedrohte Projekte zu nennen. Die Situation sieht überall in Europa ungefähr gleich aus - so auch in der Schweiz. Erneut wurde über den Erhalt der Reitschule in Bern abgestimmt, die Binz in Zürich ist Räumungsbedroht, in Luzern fehlt seit der Schliessung der BOA würdiger Ersatz, Besetzungsversuche in Aarau, Baden, Solothurn, Fribourg oder Lausanne waren erfolglos.

Nur mit einem gemeinsamen und solidarischen Kampf über alle Grenzen hinweg, können wir autonome Freiräume schaffen, halten und verteidigen. Auch, wenn wir nicht aktiv mit unseren Freund_innen in Holland kämpfen können, wollen wir mit dieser symbolischen Aktion unsere Solidarität ausdrücken. So haben wir am Freitag, 8. Oktober all jene Häuser besucht, welche in den letzten Monaten in Aarau besetzt wurden. Dies sind die Erlinsbacherstrasse 92 (Besetzt: 24.10.08), *Buchserstrasse 16 (28.11.08), Mühlemattstrasse 76 (06.03.09), Hohlgasse 64 (07.05.09), Ecke Gönhardweg / Augustin-Keller-Strasse (11.07.09), Buchserstrasse 47 (30.04.10) und Buchserstrasse 60/62 (07.05.10).

Unser Kampf ist derjenige für eine Welt ohne Kapitalismus, ohne Sexismus, ohne Rassismus, ohne Patriarchat, ohne Homophobie, ohne Hierarchien, ohne Armut und ohne Krieg!
Collective «Spirit of Unity»

Und der Kampf ist noch lange nicht vorbei, weder in Holland noch hier in Aarau.
Auch ein Herbst kann heiss werden…


Kraakers Freundinnen und Freunde

* Hier konnte kein Transparent hinterlassen werden.


Links
Indymedia Niederland: http://indymedia.nl
Hausbesetzer_innen-Forum: http://www.kraak-forum.nl

Kasten:
Das Politische System der Niederlande ist vom System der parlamentarischen Demokratie bestimmt, in dem Parteien eine grosse Rolle spielen. Das Parlament ist in zwei Kammern aufgeteilt: Die Erste Kammer wird von den Volksvertretungen der Provinzen gewählt, die Zweite Kammer vom Volk. Letztere ist die eigentliche nationale Volksvertretung. Die Kräfteverhältnisse zwischen den Parteien dort sind ausschlaggebend dafür, wie die Regierung zusammengesetzt ist.

Quellen:
[01] http://www.neuepresse.de/Nachrichten/Magazin/Uebersicht/Ausschreitungen-nach-Protesten-gegen-Verbot-von-Hausbesetzungen
[02] http://www.neues-deutschland.de/artikel/157566.hausbesetzung-wird-zur-straftat.html
[03] http://de.wikipedia.org/wiki/Hausbesetzung#Juristische_Bewertung
[04] http://anarchiadd.blogsport.de/2009/10/22/holland-hausbesetzung-illegalisiert-ein-interview/
[05] http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/vetreibung-aus-dem-paradies/
[06] http://www.merkur-online.de/nachrichten/welt/hollandsagt-hausbesetzern-kampf-495116.html
[07] http://ch.indymedia.org/de/2010/09/77793.shtml
[08] http://ch.indymedia.org/de/2010/10/77825.shtml
[09] http://ch.indymedia.org/de/2010/09/77793.shtml
[10] http://ch.indymedia.org/de/2010/10/77824.shtml


Erlinsbacherstrasse 92

Erlinsbacherstrasse 92

Mühlemattstrasse 76

Hohlgasse 64

Ecke Gönhardweg / Augustin-Keller-Strasse

Buchserstrasse 47

Buchserstrasse 60/62

Es geht weiter…

09.10.2010 | Kraakers Freundinnen und Freunde