Aargauer Zeitung / 17. Dezember 2012

Im Torfeld Süd dürfen fünf Häuser dem Erdboden gleichgemacht werden


Die Tankstelle an der Buchserstrasse bleibt vorläufig stehen. Sarah Künzli

Der Stadtrat Aarau hat eine Sammeleinsprache gegen den Abbruch von fünf Liegenschaften abgelehnt. Für vier weitere Gebäude wurde die Abbruchbewilligung sistiert – darunter das Atelier Bleifrei.

von Thomas Röthlin

In Aarau dürfen fünf Häuser dem Erdboden gleichgemacht werden: das «Hächlerhaus» an der Buchserstrasse 13, das Wohn- und Geschäftshaus und die Garage an der Buchserstrasse 15, das Wohn- und Geschäftshaus an der Buchserstrasse 17 und das Werkstattgebäude an der Torfeldstrasse/Industriestrasse. Der Stadtrat hat der Immobilienfirma Mobimo hierfür die Abbruchbewilligungen erteilt.

Für drei weitere Abbruchgesuche steht die «Baubewilligung» aus: das Wohnhaus und die Werkstatt an der Buchserstrasse 47, das Wohnhaus an der Torfeldstrasse 4 und das Wohn- und Geschäftshaus mit Autoreparaturwerkstatt an der Buchserstrasse 19. Sämtliche Gesuche lagen im Juli und August gleichzeitig öffentlich auf. Die Liegenschaften müssen in den nächsten Jahren der Neubebauung des ganzen Quartiers Torfeld Süd weichen, wo neben dem Fussballstadion Wohn- und Geschäftshäuser erstellt werden. Zudem wird ein öffentlicher Park angelegt.

Kein Abbruch auf Vorrat

Gegen die Gesuche ging eine Sammeleinsprache von 19 Mitunterzeichnenden ein. Die Einsprache wollte verhindern, dass die Gebäude auf Vorrat abgebrochen werden. Der günstige Raum in den alten Häusern sollte möglichst lang genutzt werden können. Die Abbruchbewilligungen sollten auf die Baueingabe für die Neubauten abgestimmt werden. Sekundiert wurde die Einsprecher von drei Einwohnerräten der Fraktion Grüne/Jetzt!, die eine parlamentarische Anfrage einreichten. Sie befürchteten ebenfalls, «dass ein Abbruch auf Vorrat erfolgen soll, was unter Umständen eine mehrjährige Baubrache zur Folge hätte». Die «Zwischennutzungen sollten «so lange wie möglich erhalten bleiben».

Stadtrat Beat Blattner antwortete im Oktober, eine Zwischennutzung sei aus Sicherheitsgründen nicht überall möglich. Mit seinen nur teilweise bewilligten Abbruchgesuchen ist der Stadtrat den Einsprechern nun entgegengekommen. Gemäss Thomas Oetiker, im Stadtbauamt zuständig für Baubewilligungen, dürfen heute nur jene fünf Gebäude geschleift werden, die leerstehen. Die zwischengenutzten Häuser müssen vorläufig stehen bleiben; dazu gehört auch die «Aarauer Kreativtanke» Atelier Bleifrei (Buchserstrasse 19). Die sistierten Abbruchgesuche werden laut Oetiker erst zusammen mit später folgenden Neubaugesuchen bewilligt.

Einsprache gegen neues Hochhaus

Bis letzte Woche lag das Neubaugesuch für ein Hochhaus im Torfeld Süd öffentlich auf. Die Sozialversicherung Gastrosocial baut anstelle des Rockwell-Hochhauses, dessen Abbruch bereits begonnen hat. Gemäss Stadtbauamt ist gegen das Baugesuch eine Einsprache eingegangen. Sie betrifft allerdings nicht den mehreckigen Grundriss oder die grünliche Fassade des neuen Turms am Gais-Kreisel, sondern «verkehrliche Anliegen», sagt Thomas Oetiker. Das Verkehrsregime im Torfeld Süd ist noch nicht unter Dach, eine entsprechende Bundesgerichtsbeschwerde hängig.


Aargauer Zeitung / 02. November 2012

Grossräte regen sich über Tanzdemo auf: «Was heisst das für den Rechtsstaat?»


Die Tanzdemo am 22.September verlief völlig friedlich. Doch müssen sich deren Organisatoren nicht an die Regeln halten? Christoph Voellmy

Drei bürgerliche Grossräte stören sich am Entscheid des Aarauer Stadtrates, der Tanzdemo vom 22. September eine Bewilligung zu erteilen. Sie wollen von Regierungsrat wissen, wie er in Zukunft illegale Demos unterbinden will.

von Mathias Küng

Die Grossrätinnen Jeanine Glarner (FDP, Möriken-Wildegg, Sprecherin), Marlène Koller (SVP, Untersiggenthal) sowie Grossrat Herbert Strebel (CVP, Muri) stellen dem Regierungsrat via Interpellation viele Fragen zur «Tanzdemo» vom 22.September in Aarau. Eine anonyme Gruppierung hatte zur «Demo» aufgerufen. Eine Bewilligung wurde bewusst nicht eingeholt. An jenem Tag hätte der FC Aarau daheim gegen Biel spielen sollen.

Der Stadtrat gab schliesslich «in seiner Hilflosigkeit» (so die Interpellanten in ihrem Vorstoss) für die Tanzdemo eine Bewilligung, obwohl kein Begehren gestellt wurde. Und das Fussballspiel wurde dafür auf den 23. September verschoben.

Ziehen Korrekte den Kürzeren?

Die Interpellanten schliessen aus dem Geschehenen: «Anonyme Gruppierungen können offensichtlich in unserem Staat tun und lassen, was sie wollen. Den Behörden bekannte Organisatoren hingegen ziehen den Kürzeren, indem sie für entstehende Sicherheitskosten bezahlen, ihre Dispositionen umstellen müssen, auf zusätzlichen Publikumsaufmarsch verzichten und die Verärgerung der eigenen Sponsoren aufgrund von Parallelveranstaltungen in Kauf nehmen müssen.»

Das erachten die Interpellanten als «mehr als stossend», leben wir doch in einem Rechtsstaat, «in welchem sich alle an die Regeln zu halten haben und in welchem nicht nur Freiheit herrscht, sondern auch die Verantwortung für das Denken und Handeln übernommen werden muss».

Durchgreifen oder machen lassen?

Sprecherin Jeanine Glarner stellt gegenüber der Aargauer Zeitung die Fragestellung auf eine grundsätzliche Ebene: «Was heisst dies für den Rechtsstaat?» Soll er in solchen Situationen durchgreifen oder die Leute machen lassen, in der Hoffnung, dass dann kein Schaden entsteht? Ziel des Vorstosses sei, dass dies parteiübergreifend grundsätzlich diskutiert wird.

Im von 64 Ratsmitgliedern mitunterzeichneten Vorstoss wollen die Interpellanten vom Regierungsrat wissen, ob die Organisatoren der Tanzdemo inzwischen bekannt sind. Und was er zu Bewilligungen für anonyme Organisatoren sagt. Weiter, was die Regierung zu unternehmen gedenkt, «damit rechtsstaatliche Regeln eingehalten werden» und damit «die Durchführung illegaler Demonstrationen künftig unterbunden wird». Last, but not least erheischen sie Auskunft darüber, was der ganze Polizeieinsatz an jenem 22.September gekostet hat.


Grosser Rat / 30. Oktober 2012

Interpellation betreffend Demonstrationen
von anonymen Gruppierungen Einreichung
und schriftliche Begründung

Von Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, Marlène Koller, SVP, Untersiggenthal, Herbert Strebel, CVP, Muri, und 64 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:

Text und Begründung:

Im Juli 2012 hat eine anonyme Gruppierung für den 22. September 2012 zu einer "Tanzdemo" aufgerufen. Die Organisatoren verzichteten dabei bewusst auf das Einholen einer behördlichen Bewilligung, welche dafür notwendig gewesen wäre. Am selben Tag wollte der FC Aarau das Heimspiel gegen den FC Biel austragen, weil am 21. September 2012 der Bachfischet und am 23. September 2012 Pferderenntag war. Aufgrund der angekündigten, zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewilligten "Tanzdemo", haben sich die Behörden mit dem FC Aarau darauf geeinigt, das Heimspiel vom 22. auf den 23. September zu verlegen. Der Stadtrat Aarau hat in der Folge – obwohl kein Begehren gestellt wurde – in seiner Hilflosigkeit eine Bewilligung für die "Tanzdemo" am 22. September 2012 erteilt.

Anonyme Gruppierungen können offensichtlich in unserem Staat tun und lassen was sie wollen; den 5019Art. 2183 Behörden bekannte Organisatoren hingegen ziehen den Kürzeren, indem sie für entstehende Sicherheitskosten bezahlen, ihre Dispositionen umstellen müssen, auf zusätzlichen Publikumsaufmarsch verzichten und die Verärgerung der eigenen Sponsoren aufgrund von Parallelveranstaltungen in Kauf nehmen müssen.

Während den Behörden bekannte Organisatoren zur Kasse gebeten werden, müssen anonyme Gruppierungen keinerlei Verantwortung übernehmen. Fussballklubs wie der FC Aarau und der FC Wohlen müssen mindestens 25 % der Vollkosten, welche bei der Kantonspolizei anfallen, übernehmen. Auch andere Grossveranstaltungen wie das Argovia-Fäscht haben einen nicht gerade kleinen Budgetposten "Sicherheit", den sie zu bezahlen haben.

Diese Tatsache ist mehr als stossend. Wir leben in einem Rechtsstaat, in welchem sich alle an die Regeln zu halten haben und in welchem nicht nur Freiheit herrscht, sondern auch die Verantwortung für das Denken und Handeln übernommen werden muss. Der Regierungsrat wird deshalb eingeladen folgende Fragen zu beantworten:

1. Sind den Behörden mittlerweile die Organisatoren der "Tanzdemo" vom 22. September 2012 in Aarau bekannt?
2. Ist der Regierungsrat der Meinung, dass Demonstrationen von anonymen Organisatoren bewilligt werden sollen, selbst wenn kein Begehren gestellt wurde? An welches Rechtssubjekt erteilt die Behörde in derartigen Fällen die Bewilligung?
3. Wird es zur üblichen Praxis im Kanton Aargau, dass den Behörden bekannte Organisatoren ihre Veranstaltungen verschieben müssen, damit Demonstrationen einer anonymen Gruppierung durchgeführt werden können?
4. Was gedenkt der Regierungsrat zu unternehmen, damit rechtsstaatliche Regeln – und dazu gehört auch das Einholen einer Bewilligung für Demonstrationen – eingehalten werden?
5. Was gedenkt der Regierungsrat zu unternehmen, dass die Durchführung illegaler Demonstrationen künftig unterbunden wird?
6. Wie viele Polizeikräfte waren während der "Tanzdemo" vom 22. September 2012 im Einsatz?
7. Wie viel hat der Polizeieinsatz am 22. September 2012 in Aarau gekostet?
8. Welche freiheitseinschränkenden Auswirkungen und externen Kosten hatte die "Tanzdemo" darüber hinaus (Lärmemissionen, Verkehrsbehinderungen, Abfälle, Belästigung von Passanten, etc.)?


Aargauer Zeitung / 30. September 2012

Über 400 Tanzfreudige in Zofingen:
Demonstration verlief friedlich



Zofinger Demonstranten wollen mehr kulturellen Freiraum Quelle: Silvan Hartmann

In Zofingen haben am Samstagabend über 400 Tanzfreudige für mehr kulturellen Freiraum demonstriert. Weil die Demo gleichzeitig mit dem SVP-Oktoberfest stattfand, drohte Zoff. Die Polizei stand deshalb mit rund 50 Polizisten im Einsatz.

von Silvan Hartmann

Sie feierten, sie tranken Alkohol und sie tanzten: Über 400 Tanzwütige demonstrierten am Samstagabend in Zofingen für mehr kulturellen Freiraum. Hierfür wurde sogar ein Protestsong geschrieben, in dem es heisst:

«Wär Schnee nid gärn het, zieht nid id Bärge
Wär Sand nid mag ha, reist nid a Strand,
Wär kei Lärm vertreit, wohnt nid ir Altstadt,
Und wär öis nid loht lo fäschte, ghört verbannt»

Damit sprachen die Demonstrierenden die Zofinger Altstadt-Bewohner an, die sich über zu viel Lärm enervieren würden. Mehrere Altstadt-Anwohner sahen sich denn die Kundgebung auch aus der Distanz an: «So etwas kann doch nicht wahr sein. Diese Demonstranten lärmen mitten in der Nacht herum und da will einfach niemand einschreiten. Ich verstehe das nicht», sagte eine Anwohnerin, die Arme verschränkt mit Blick zu den feiernden jungen Demonstranten.

Es drohte Zoff

Die Kantonspolizei Aargau stand derweil mit einem grösseren Aufgebot vor Ort im Einsatz. Gegen 50 Polizisten sorgten für Recht und Ordnung. Im Vorfeld der Demonstration wurde heftig spekuliert, warum diese just am gleichen Abend wie das Oktoberfest der SVP, das auf dem Zofinger Kirchplatz ausgetragen wurde, stattfindet. «Das Datum wurde bewusst gewählt», vermutete Jürg Seiler, SVP-Grossratskandidat und OK-Präsident des Oktoberfests.

«Purer Zufall. Wir haben nicht gewusst, dass das Oktoberfest am gleichen Abend stattfindet», hiess es seitens der Demo-Veranstalter. Ohnehin bestehe die Tanzdemo aus verschiedenster Altersklassen und politischer Couleur, man wolle somit nicht etwa die SVP angreifen.

Die Polizei nahm den Anlass frühzeitig zur Kenntnis: «Aus Erfahrung wissen wir, dass solche Anlässe ein gewisses Potenzial für Ausschreitungen mit sich bringen. Wir erwarten aber einen ruhigen, gesitteten Anlass», sagte Polizei-Sprecher Bernhard Graser im Vorfeld. Die Polizei behielt Recht: Das Fest verlief ohne Zwischenfälle oder Ausschreitungen.

«Lasst sie doch feiern!»

Obwohl viele Altstadt-Bewohner die Demo nicht verstehen wollten, gab es auch tolerantere Altstädter. So schüttelte Dilli Schaub über das grosse Polizeiaufkommen den Kopf:

«Ich begreife nicht, warum man so Angst vor den Jungen hat. Sie sind doch unsere Zukunft. Ich wohne hier und der Lärm stört mich nicht, so lange alles friedlich über die Bühne geht und nichts beschädigt wird. Lasst sie doch einfach feiern!», sagte die ehemalige Zofinger Stadträtin und hebt den Zeigefinger: «Und das sage ich im Alter von 75 Jahren.»

Gegen 1 Uhr nachts löste sich die Demonstration allmählich auf.

Tanz-Demo
Tanz-Demonstrationen für mehr kulturellen Freiraum liegen im Trend. Unter dem Motto «Tanz dich frei» waren in Bern im Juni 10'000 Teilnehmer an einer Kundgebung. Als Reaktion hat der Berner Gemeinderat ein «Konzept Nachtleben» vorgestellt. Auch in Aarau fand eine solche Tanz-Demo bereits statt. Tanz-Demos werden meist über soziale Netzwerke organisiert. Die Organisatoren bemühen sich in der Regel nicht um eine Genehmigung.


Aargauer Zeitung / 28. September 2012

Jugendbewegung im Aargau:
Tanz-Demo ist nicht gleich Tanz-Demo



Verschiedene Anliegen und ähnliche Umsetzung: Zofingen und Aarau machen Tanz-Demos
Quelle: http://www.regiolive.ch/?rub=0&id=111350; http://www.facebook.com/nachttanz.demo


Innerhalb einer Woche zwei Tanzdemonstrationen im Aargau: Die eine am vergangenen Wochenende in Aarau, die andere am kommenden Samstag in Zofingen. Die Demos scheinen ähnlich, unterscheiden sich aber sehr in den Beweggründen und Anliegen.

von Sarah Künzli

Unter dem Namen «Nächtliches Tanzvergnügen 2.0» fand letzten Samstag die Tanz-Demo in Aarau statt. Die andere Tanz-Demo ist diesen Samstag in Zofingen und heisst «T(h)UT (Sch)LUUT».

Beide Veranstaltungen scheinen dasselbe vorzuhaben: Die Organisatoren sind bei beiden Anlässen anonym, um eine Bewilligung der Demonstration kümmert sich niemand und eine laute tanzende Meute von Jugendlichen ziehen durch die beiden Städte. Dabei sind die Ziele und Beweggründe absolut unterschiedlich.

Freiräume selber verwalten

Die Aarauer Demonstranten kämpften für Freiräume, die sie selber verwalten können, ohne dass ein Konsumzwang besteht. Oder anders gesagt, sie lehnen die bestehenden kulturellen Angebote ab, weil sie zu etabliert und zu teuer sind. Ein weiterer wichtiger Punkt war der Kampf gegen die Repression und ständige Wegweisungen der Polizei an öffentlichen Plätzen. Mit den Organisatoren in Zofingen wollen sie nichts zu tun haben.

Zofingen wird zum Altersheim

Bei der Tanzdemo in Zofingen geht es den anonymen Organisatoren ganz allgemein um das Kultursterben in ihrer Stadt. «Für den Ox gingen bereits die Lichter aus und der Konzertbetrieb musste eingestellt werden. Aber auch andere Zofinger Lokale kämpfen um ihre Existenz», heisst es in ihrer Mitteilung zum Anlass. Schuld am Kultursterben seien vor allem die reichen Hausbesitzer, die absolute Ruhe fordern und somit Zofingen zu einem Altersheim machen würden.

Lokale werden unterstützt

«Das Komitee fordert mehr kulturelle Angebote, mehr Platz für die Jugend, eine lebendige Altstadt, Musik in angemessener Lautstärke ohne Limit(er) und dies alles auch nach 22 Uhr», schreiben sie weiter. Sie wollen aufzeigen wie wenig den Jugendlichen in Zofingen zur Verfügung steht und veranstalten deshalb die Tanz-Demonstration «T(h)UT (Sch)LUUT».

In der veröffentlichten Route beginnen die Jugendlichen auf dem Thut-Platz und visieren von da aus wichtige Bars der Stadt an (Ochsen, Städtli Bar, Havanna). Der Umzug endet dann wieder, wo er begonnen hat. Mit den verschiedenen Stopps während des Umzugs wollen sie die wenigen Bars und Lokale unterstützen und für ihr Weiterbestehen kämpfen.
Die Demonstration ist am 29. September um 21 Uhr und endet um 1 Uhr nachts.


Aargauer Zeitung / 23. September 2012

Aarau by night: 2000 tanzten für eine alternative Jugendkultur


Die friedliche Demonstration in der Altstadt von Aarau. Quelle: Stefan Stalder

Am Samstagabend fand in Aarau die erste «tanz Dich frei»-Demonstration statt. Sie verlief friedlich und entspannt. Ziel der Aktion war, zu einem neuen, selbstverwalteten kulturellen Freiraum aufzurufen, der frei von Konsumzwang sei.

Genäss Angaben der Jungsozialisten seien zweitausend Menschen durch die Altstadt gezogen. Der Umzug durch die Innenstadt, begleitet von Musik-/DJ-Wagen dauerte bis Mitternacht. Die Kantonsplizei hält fest, dass die ganze Veranstaltung friedlich und ihne Zwischenfälle verlief.

Zur Party aufgerufen wurde im Internet durch Indymedia,  ein offenes Forum, das sich  als «emanzipatorisches, unabhängiges Mediennetzwerk von AktivistInnen» versteht. Der Aufruf zum «Nächtlichen Tanzvergnügen» ist anonymisiert, die Veranstalter nennen sich "Nachttänzer_innen".

Die Tanzparty ist nicht nur anonym, sie will auch ausdrücklich unbewilligt und damit illegal sein. «Wir wollen mit euch eine Party feiern», heisst es im Aufruf, «ohne vorher jene um Erlaubnis zu fragen, die Mitschuld am Verschwinden kultureller und politischer Freiräume sind.» Denn diese Projekte stünden, «unter ständigem Beschuss». Dabei verweisen die Aktivisten auf die Reitschule in Bern sowie die «illegalen Partys» in Zürich, die zu einem «kontrollierten und regulierbaren «Angebot der Stadt» gemacht» würden.

«Wir haben es selbst in der Hand»

Die Aktivisten beklagen, dass es in Aarau «keinen solchen selbstverwalteten Freiraum» gäbe, und auch die Zukunft etablierter Kulturangebote wie das KiFF, der Flösserplatz, Atelier Bleifrei, das Wenk oder die Kettenbrücke Aarau sei ungewiss. «Wo soll dann gefeiert werden?», fragen die Nachttänzer_innen. Die Altstadt Aarau werde «immer mehr als Problemzone, anstatt als Treffpunkt betrachtet». Und auch der neue Bahnhof lade «durch Konsumzwang und Wegweisungen nicht zum Verweilen ein».


JUSO Aargau / 23. September 2012

JUSO erfreut über kreative und friedliche Aarauer Tanzdemo!

Die JUSO Aargau ist erfreut über die gelungene und friedliche Nachttanzdemo in Aarau und gratuliert den Organisator_innen. Gemeinsam mit den zeitenweise über 2’000 jungen Menschen aus dem ganzen Kanton tanzten in Aarau auch viele JUSOs für mehr Freiräume.

Das Zeichen ist klar: wir akzeptieren keine Totenstille, keinen Kommerzzwang, keine "Aufwertungspolitik" und keine Stadt nur für Alte und Reiche. Wir erwarten Antworten auf dieses Zeichen – damit Aarau und der ganze Kanton auch für Jugendliche Freiheit und Lebensqualität bietet.

Die Politik der Ausgrenzung durch Vorschriften und Aufwertung zeigt sich aber nicht nur im Nachtleben: Die Nutzung des öffentlichen Raums wird immer mehr eingeschränkt, wer nicht ins Bild passt wird weggewiesen. Der öffentliche Raum darf aber nicht nur einigen wenigen vorbehalten sein. Strassen, Plätze und Pärke und die Aare sind auch unser Lebensraum. Wir beanspruchen unseren Freiraum in dieser Stadt, wo wir frei von Kommerz und Repression unsere Politik und unsere Kultur ausleben dürfen.

In Aarau ist es nötig, nicht nur die ehemals erkämpften und heute institutionalisierten Kulturorte wie das Flösserplatz, das KiFF und das WENK zu erhalten und fortzuführen, sondern auch neue Plätze und Räume für jugendliche Eigeninitiative zur Verfügung zu stellen. Mit der kurzfristigen Besetzung und Belebung im Industrieareal zeigten die Anwesenden, wie kreativ und lebendig Jugendkultur sein kann.


Kantonspolizei Aargau / 23. September 2012

Aarau: Friedlicher Verlauf des «Nächtlichen Tanzvergnügens» vom 22. September 2012

Dem Aufruf zur Teilnahme zu einer nächtlichen 'Tanzparty' folgten am 22.09.2012 mehrere hundert Personen. Der durch die Innenstadt veranstaltete Umzug, begleitet von Musik-/DJ-Wagen dauerte bis Mitternacht. Die Polizei-Einsatzkräfte mussten nicht einschreiten. Die ganze Veranstaltung verlief friedlich und ohne Zwischenfälle.

Auf der bewilligten Umzugs-Route sind im Verlauf des Samstagabends, 22. September 2012, ab zirka 20.30 Uhr, mehrere hundert Teilnehmende durch die Strassen von Aarau gezogen. Die Teilnehmer starteten wie angekündigt beim Kantipark in Aarau.

Der Aufruf zum «Nächtlichen Tanzvergnügen» erfolgte via elektronische Medien sowie Social Media-Plattformen. Die Veranstalter (Nachttänzer_innen) blieben anonym.

Aus polizeilicher Sicht kam es zu keinen Störungen oder besonderen Ereignissen. Die Kantonspolizei Aargau stellt fest, dass der von zirka 800 bis 900 mehrheitlich jungen Menschen besuchte Anlass friedlich und ohne Zwischenfälle verlief.

Der Verkehrsfluss in der betroffenen Region konnte ohne nennenswerte Behinderungen sichergestellt werden. Für die Verkehrsregelgungsmassnahmen zeichnete sich die Stadtpolizei Aarau verantworltich.

Die Kantonspolizei Aargau wurde in ihrem Einsatz durch die zuständige Stadtpolizei, die Transportpolizei und weitere Partner unterstützt. Als Gesamteinsatzleiter stand Oberstlt Urs Winzenried, Polizeikommandant a.i. im Einsatz.

Gegen Mitternacht begab sich ein Teil der Teilnehmer zu einer Veranstaltung im Gebiet Torfeld. Die meisten Umzugsteilnehmer zogen sich zurück.

Aargauer Zeitung / 20. September 2012

Fragen zu Freiräumen und Frechheiten

Gastbeitrag zur Protestaktion Tanzvergnügen, die gegen den Willen der Veranstalter genehmigt worden ist

VON HANS ULRICH LOCHER*

WARUM BEWILLIGT der Stadtrat Aarau ein nächtliches Tanzvergnü- gen, das gegen das Verschwinden kultureller Freiräume demonstrieren will? Welche Freiräume genau sind verschwunden? Das KiFF? Das Ju- gendhaus Flösserplatz? Das Wenk? Der Boiler? Die KB? Das Bleifrei? Die mobile Jugendarbeit? Der Bauwagen Qube? Die Jugendarbeit Aarau oder einer der gegen 50 Räume im «Raumangebot» auf ihrer Website?

KANN EIN STADTRAT eine Veran- staltung bewilligen, für die gar kein Gesuch vorliegt? Kann der Stadtrat das Polizeireglement vorsorglich aus- ser Kraft setzen, das gemäss §15 Lautsprecher, Megafone und andere Verstärkeranlagen auf öffentlichem Grund bei Strafe untersagt? Ist ein nächtliches Tanzvergnügen wie am 3. Dezember 2011 veranstaltet und übermorgen Samstag geplant, eine strafbare Beeinträchtigung durch Immissionen gemäss §13, weil sie übermässig stört, insbesondere durch Lärm? Oder handelt es sich um «kurzfristige Arbeiten zur Behe- bung von Notständen oder dringen- de Arbeiten in der Landwirtschaft», die eine Ausnahme rechtfertigten?

HABEN DIE Anonymbleibenwollen- den schon zu lange nicht mehr kurz- fristig daran gearbeitet, ihren Bewe- gungsnotstand zu beheben oder dem dringenden Bedürfnis nach Umwandlung von Getränk in landwirt- schaftsähnliches Ausbringen von Gülle nachzugeben, was nach §13 nur an Sonn- und Feiertagen nach 20 Uhr untersagt ist? Oder ist es ein- fach blödsinnig (zu Deutsch: en Seich), dass die Polizei nicht ein- mal versucht, das Polizeireglement durchzusetzen? Warum bringen die nicht einmal einen richtigen Krawall wie anno dazumal vor dem Globus zustande? Was genau kostet der zu erwartende Polizeieinsatz, um Sach- und Personenschaden zu vermeiden? Wieso wird dieser Aufwand den Ver- ursachern nicht in Rechnung gestellt?

WARUM LÄSST SICH diese Spiesser- gesellschaft einfach so auf der Naseherumtanzen? Was ist eigentlich noch lustig an solchen Demos, wenn sich Freiräume ohne Aufwand fast grenzenlos ausweiten? Warum soll auf demokratischem Weg das Poli- zeireglement abgeändert werden, wenn Frechheiten genügen, um es zur Makulatur zu machen? Was kümmert uns die Nachtruhe ewig- gestriger Bünzlis, wenn uns nach dem nächtlichen Tanzvergnügen ar- beitslose Ruhetage garantiert sind? Warum setzt uns niemand Grenzen, damit wir an ihrer Überwindung ler- nen könnten?

*Hans Ulrich «Halo» Locher, Dr. iur., Aar- au, ist Publizist und Geschäftsführer zwei- er Bibliotheksverbände (www.halo.ag). locher@halo.ag


Aargauer Zeitung / 20. September 2012

Aarauer Stadtrat bewilligt Tanz-Demo,
um ihr den Zündstoff zu nehmen



Ausschnitt vom Plakat zur Tanz-Demo am 22. September in Aarau. Quelle: az

Am 22. September kämpfen die Nachttänzer_innen mit einer Tanz-Demo für autonome Jugend- und Kulturzentren sowie Freiräume, in dem man sich entfalten kann und nicht an den Status Quo angepasst ist. Nur vereinzelte Politiker äusserten sich zum Anlass.

von Sarah Künzli

Ohne dass sich die Gruppe «Nachttänzer_innen» um eine Bewilligung für die Demonstration am Samstag gekümmert hat, wurde der Anlass von der Stadt bewilligt. Daniel Ringier, der Präsident der Stadtpolizei  hatte mit ihnen E-Mail-Kontakt aufgenommen. «Er schrieb uns eine Mail mit einer vorgeschlagenen Route. Er würde diese Route bewilligen», berichten die Nachttänzer_innen gegenüber der az.

Sie wurden darauf hingewiesen, dass sie die Route nicht verlassen, keine Bauabsperrungen verschieben, keine Gewalt gegen andere Menschen ausüben und keine Sachbeschädigung begehen dürften.

Die Nachttänzer lehnten dankend ab

«Wir schrieben ihm zurück, dass wir seine Mail dankend zur Kenntnis nehmen würden, uns aber nicht dazu verpflichtet sähen, uns an sein vorgeschlagenes Konzept zu halten», erzählen sie. Daraufhin wurde der Anlass trotzdem bewilligt.

«Er meinte dann auch noch, wir sollten den Weg des konstruktiven Dialoges wählen und wollte sich mit uns treffen. Da wir generell weder um eine Bewilligung gebeten haben, noch etwas mit der Polizei zu tun haben möchten, lehnten wir dieses Angebot dankend ab», erklären die Nachttänzer.

Illegal oder legal ist egal

Nun ist die Tanz-Demo legal. Den Nachttänzer_innen ging es aber nicht um legal oder illegal. «Wir ziehen den Anlass durch und richten uns nicht danach, was die Polizei uns vorschreibt. Die vorgegebenen Systemkonventionen sind genau der Punk, den wir kritisieren, und deshalb bewegen wir uns auch ausserhalb von diesen. Deswegen sind uns auch Dinge wie illegal oder legal egal.»

Die Liste der Teilnehmer_innen wächst weiterhin stark. Auf Facebook sind es nun über 700 Anmeldungen. «Unser Anlass findet grossen Anklang bei vielen, vor allem eher bei jüngeren Menschen. Das bestätigt uns in unserem Vorhaben», sagen die Nachttänzer_innen.

Durch schlechte Kritik oder andere Meinungen lassen sich die Nachttänzer_innen nicht beirren. «Wie nehmen uns nur den Freiraum, der eigentlich allen zustehen sollte. Deswegen legen wir auch Wert darauf, dass ein Freiraum von allen Nutzer_innen mitgestaltet wird.»

Der Entscheid der Stadt ist mutig

Beat Krättli (SVP) aus dem Einwohnerrat Aarau findet selber auch, dass Aarau immer mehr eingeschränkt wird, vor allem in der Altstadt - und dies für alle, nicht nur für die Jugendlichen. Mit einem Brecheisen an die Sache heranzugehen und eine illegale Party zu veranstalten, sei aber der falsche Ansatz, sagt er gegenüber der az.

Mutig findet er vor allem, die Entscheidung des Stadtrates, die Party zu bewilligen. «Der Ansatz, den der Stadtrat gewählt hat, ist sehr interessant. Durch die Bewilligung nimmt er der Party den Zündstoff und die Schärfe.» Der Stadtrat müsse nun aber hoffen, dass der Anlass ohne Zwischenfälle über die Bühne gehe, damit der Entscheid nicht in die Kritik gerät.

Stadtrat wollte Anlass nicht unterbinden

Stadtrat Lukas Pfisterer (FDP) ist für das Ressort Bildung und Jugend zuständig. Er sagt gegenüber der az: «Alle Jugendlichen haben die Möglichkeit sich für etwas einzusetzen und sich zu engagieren, schwierig wird es nur, wenn man sich nicht an die Regeln hält». Es sei falsch, mit Illegalität Freiheit erkämpfen zu wollen. «Die Stadt hat den Anlass bewilligt, weil er sonst verhindert werden müsste», erklärt er.

Lukas Pfisterer ist der Ansicht, dass es genügend verschiedene Jugendangebote gibt, die man brauchen darf. Man müsse sich aber an die Regeln halten. Wer das nicht will, hat ein grundsätzliches Problem. «Die Rechnung geht nicht auf, wenn man sich nicht an den Staat halten, aber das Kantigelände für eine Demonstration benutzen will».

Marcel Guignard, der Stadtamman von Aarau, wollte sich zu der Tanz-Demo nicht äussern. Weitere Mitglieder des Stadtrates haben zum Anlass noch keine Stellung bezogen.


Zofinger Tagblatt / 17. September 2012

Ein Wahlkampf, der zu einem Hickhack zu werden droht

Ein Oktoberfest der SVP mit Politarena und eine unbewilligte Tanz-Demo am selben Abend: Das hat Konfliktpotenzial. Für die SVP, deren Arena-Konzept auf eher wenig positives Echo stösst, ein Steilpass im Kampf gegen den politischen Gegner.

Sascha Antenen, Präsident der Juso Zofingen, ist ein junger Vollblutpolitiker, dem es in einer nach dem Muster des Schweizer Fernsehens organisierten Politarena wohl sein müsste. Dies dürfte auch so sein. Aber die 500 Franken, welche eine Partei für die Teilnahme an der SVP-Arena als Unkostenbeitrag entrichten muss, sind ihm und seinen Jusos zu viel. Dies und der Ablauf des Anlasses bewogen ihn bereits vor Tagen zum Boykottaufruf.

Was ist geplant?

In einer Zeit, in welcher kaum mehr parteiungebundene Wählerinnen und Wähler Politanlässe besuchen, erinnerte sich die SVP ihrer erfolgreichen Bauernhofanlässe und lanciert die Idee eines Bierfests. In dessen ersten Abend ist eine Politarena integriert. Das Programm: 19 Uhr Begrüssung durch den SVP-Präsidenten und den (SVP-)OK-Chef. 19.30 Uhr Diskussion des Asylproblems. 20 Uhr Nachtessen, 21 Uhr Gemeindepolitik und Steuern, Wirtschaft, Bildung. 22.30 Open End im Festzelt. Service der Speisen und Getränke durch Kandidatinnen und Kandidaten der SVP. Moderator, das ist der Oltner Mitbesitzer einer Beiz und «Tele M1»-Mann Werner De Schepper.

Die Frage, wie hoch sein Honorar ausfällt, war bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. Ein Kenner der Event-Szene geht von einem Betrag zwischen zwei- und dreitausend Franken aus. Die Kosten für die Zuhörerinnen und Zuhörer? Konsumieren. Auf der Homepage des Fests kann man beispielsweise für 270 Franken einen 10er-Tisch reservieren. Im Preis enthalten sind das Essen und zwei Liter Bier pro Nase.

Zurück zu Sascha Antenen, seinem Boykottaufruf und zur Tanz-Demo. Antenen hat von der SVP eingeschriebene Post bekommen. Durch seinen Boykottaufruf bestehe ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für die Veranstaltung, schreiben ihm SVP-Bezirksparteipräsident Christian Glur und OK-Chef Jürg Seiler und machen Antenen darauf aufmerksam, «dass wir im Falle von Vandalismus, weiteren Attacken diverser Art etc., welche auf Ihren Boykottaufruf zurückzuführen sind, Sie zur vollen Verantwortung ziehen werden. Sämtliche Mehrkosten und Aufwendungen werden wir Ihnen direkt verrechnen.»

Antenen: «Ich bin schockiert, dass man mich auf diese Art zum Schweigen bringen will. Ich lasse mich aber nicht einschüchtern. Die Vorwürfe sind absurd, ein Aufruf zum Boykott hat lediglich das Fernbleiben zur Folge und ist kein Aufruf zu Gewalt.»

«Perfider Angriff»

Michael Wacker, Präsident der SP Bezirk Zofingen: «Die SP des Bezirks Zofingen sagt die Teilnahme an der Wahlarena nach diesem perfiden Angriff ab.» Bereits in der Planungsphase der Politarena sei seitens der eingeladenen Parteien Kritik geäussert worden. «Einerseits wurde die Form der mittlerweile publizierten Broschüre kritisiert, andererseits die autoritäre Gestaltung des Programms durch die SVP.» Dass dem Organisator einer solchen Veranstaltung gewisse Freiheiten zustehen, ist für Wacker unbestritten. «Wenig Verständnis hat die SP jedoch, wenn sie für dumm verkauft wird. So wurden entgegen der Aussage der SVP bei weitem nicht alle grossen, mittleren und bekannten Parteien zur Teilnahme an der Politarena eingeladen. Grüne sowie Grünliberale erhielten nie eine entsprechende Anfrage.» An der Veranstaltung würden beide Regierungsratskandidaten der SVP erwartet. «Die Frage nach dem bewussten Ausschalten der Grünen mit ihrer für die SVP ungeliebten Regierungsrätin liegt auf der Hand.»

Die Tanz-Demo

ZurTanz-Demo gab es am Samstag ein E-Mail an die SVP, an die Polizei (von der SVP bereits präventiv um speziellen Schutz angegangen) und die Redaktion. Der Absender «re- volz» weckt zwar wenig Vertrauen, aber die Worte sind klar: «Ich möchte Ihnen versichern, dass die Wahl des Datums nichts mit der Veranstaltung der SVP zu tun hat. Wir, das Organisationskomitee und auch die tanzbereiten Mitwirkenden, hegen keinen Groll gegen Ihr Fest. Auf den Strassen von Zofingen wollen wir lediglich kundtun, dass die von uns geliebte Zofinger Altstadt immer mehr zu einem Altersruhesitz verkommt, wo die Jugend und die Kultur langsam, aber sicher keinen Platz mehr finden.» Dieses Anliegen ziele nicht gegen die SVP ab.

Auf Begeisterung ist die Art und Weise, wie das Polit-Oktoberfest ablaufen soll, auch bei anderen Parteien nicht gestossen. Am Dienstag wollen sich verschiedene Parteipräsidenten zu diesem Thema noch einmal treffen. André Kirchhofer, Präsident der FDP und Grossratskandidat, hätte lieber einen neutralen Anlass gehabt. Die Summe von 500 Franken habe auch ihn gestört. Dies und andere Mängel «sehen wir aber mit einer Prise Humor». Ein Boykott, «der ist für uns kein Thema».

Urs Plüss, er ist Spitzenkandidat der EVP, begrüsst grundsätzlich die Organisation des Anlasses durch die SVP. «Der jedoch spärliche und teilweise unvollständige Informationsfluss hat nun aber zu Differenzen zwischen den teilnehmenden Parteien und dem Organisator geführt. So wurden wir bei der Traktandenliste für die Diskussionsrunde vor vollendete Tatsachen gestellt und hatten kein Mitspracherecht.» Die Exponenten der EVP täten sich zudem schwer mit den in der Festbroschüre abgedruckten, teilweise anstössigen Bildern. «Die EVP Zofingen steht jedoch nach wie vor zu ihrer Teilnahme und hofft, an der bevorstehenden Aussprache die Differenzen zu bereinigen.» (bkr)


Aargauer Zeitung / 14. September 2012

Terminkonflikt zwischen SVP und Demonstranten


In Bern nahmen Anfang Juni rund 10000 Personen an einer Tanz-Demo teil (Archiv)
Quelle: Keystone


In Zofingen ruft eine anonyme Gruppe zu einer unbewilligten Tanz-Demonstration durch die Altstadt auf. Brisant: Am selben Abend lädt die SVP zum Oktoberfest auf dem Kirchplatz ein. Die Terminkollision birgt durchaus Konfliktpotenzial.

von Christoph Zehnder

Eine anonyme Gruppe ruft im Internet und auf Flyern zu einer Tanz-Demo in Zofingen auf. Unter dem Motto «T(h)ut (Sch)luut» protestieren die Teilnehmer gegen das schwindende Kulturangebot in der Thut-Stadt. Sie fordern mehr kulturelle Freiräume und mehr Platz für die Jugend. Und dies ohne restriktive Lärmbeschränkungen.

«Viele Bars und Pubs in Zofingen haben Schwierigkeiten mit Anwohnern. Es kommt häufig zu Lärmbeschwerden», beschreibt ein Mitorganisator, der anonym bleiben will, gegenüber der az Aargauer Zeitung die Situation. «Wir finden: Man muss nicht in die Stadt ziehen, wenn man keinen Lärm erträgt.»

Mit einer lautstarken, aber unbewilligten Tanz-Demonstration nach Berner Vorbild durch die Zofinger Altstadt am 29. September wollen sich die Teilnehmer Gehör verschaffen. Just jenes Datum, an dem die SVP auf dem Zofinger Kirchplatz ein Oktoberfest organsiert. Zufall?

Daran mag Jürg Seiler nicht so recht glauben: «Das Datum wurde bewusst gewählt», vermutet der SVP-Grossratskandidat und OK-Präsident des Oktoberfests. «Purer Zufall», sagt hingegen der Tanz-Demo-Veranstalter. «Wir haben nicht gewusst, dass das Oktoberfest am selben Tag stattfindet.»

Ursprünglich sei die Kundgebung auf Ende August angesetzt gewesen, später jedoch auf den 29. September verschoben worden. «Aus Rücksicht auf das Moonlight Classical Festivals», wie der Veranstalter beont.

Polizei ist involviert

Da an der Demonstration eher Teilnehmer aus dem linken Lager zu erwarten sind, sorgen sich die Oktoberfest-Organisatoren um die Sicherheit.

In einem Treffen mit der Polizei wurde das Risiko evaluiert. «Wir wollten wissen, wie wir abgesichert sind», so der OK-Chef. «Die Polizei sorgt für die nötige Sicherheit. Wir sind quasi abgeschirmt.» Erwartet werden bis jetzt zwischen 300 und 600 Tanzwütige.

T atsächlich hat die Polizei die beiden Anlässe auf dem Radar. «Aus Erfahrung wissen wir, dass solche Anlässe ein gewisses Potenzial für Ausschreitungen mit sich bringen», sagt Polizei-Mediensprecher Bernhard Graser auf Anfrage. Genaue Angaben über das Sicherheitsdispositiv gibt die Polizei aber nicht preis. Für den 29. September ist Graser jedoch zuversichtlich: «Wir erwarten einen ruhigen und gesitteten Anlass.»

Aufruf zu friedlicher Demo

Krawall sei ganz und gar nicht im Interesse der Tanz-Demonstranten, versichert der anonyme Veranstalter. Man wolle schliesslich ernst genommen werden. Auf Flyern werden die Teilnehmer aufgefordert, sich entsprechend zu verhalten und der Polizei keinen Grund zum Einschreiten zu liefern.

Dass Einzelne aus der Reihe tanzen, könne man leider nicht restlos ausschliessen. Darum haben die Organisatoren kurzerhand ein eigenes Sicherheitskonzept aufgestellt: «Es werden sich Leute von uns unter den Teilnehmern befinden, deren Auftrag es ist, für Ordnung sorgen.» Randalierer werden umgehend zurechtgewiesen.

Auch gehe man nicht auf Konfrontationskurs mit der SVP. «Unser Anliegen ist unparteiisch» so der Sprecher. Das mehrköpfige Kommitee hinter der Tanz-Demonstration bestehe ohnehin aus Personen verschiedenster Altersklassen und politischer Couleur.

Boykott-Aufruf

E ine grosse Rolle spielt die Politik hingegen am Vorabend des Oktoberfests. Dann nämlich lädt die SVP Zofingen zur Politarena ein. Dass die Kandidaten für eine Teilnahme einen finanziellen Beitrag entrichten sollen, stösst vor allem der Zofinger Juso sauer auf. Die Jungsozialisten rufen deshalb zum Boykott auf.

Tanz-Demonstrationen
Tanz-Demonstrationen für mehr kulturellen Freiraum liegen im Trend. Unter dem Motto «Tanz dich frei» haben in Bern Anfangs Juni 10000 Teilnehmerna an einer Kundgebung teilgenommen. Als Reaktion hat der Berner Gemeinderat gestern ein «Konzept Nachtleben» vorgestellt. In Aarau ist für kommenden Samstag eine ähnlichee Aktion angekündigt. Tanz-Demos werden meist über Soziale Netwerke organisiert. Die Organisatoren bemühen sich in der Regel nicht um eine Genehmigung.


Aargauer Zeitung / 5. September 2012

Stadt auf Kuschelkurs: Aarauer Tanz-Demo wird auch ohne Antrag bewilligt


Tanz dich frei
Nach dem Tanz-Protest in Bern ist nun auch Aarau ander Reihe.
Quelle: Keystone


Sie fordern mehr kulturellen Freiraum für die Kantonshauptstadt. Mit einer Tanz-Demo am 22. September wollen Jugendliche für ihr Anliegen demonstrieren. Ein Gesuch für die Demo haben sie nie gestellt und trotzdem wurde der Anlass bewilligt.

von Sarah Künzli

Wir wollen mit euch eine Party feiern ohne vorher jene um Erlaubnis zu fragen, die Mitschuld am Verschwinden kultureller und politischer Freiräume sind», lautet der Aufruf für die Aarauer Tanz-Demo auf Facebook. Gesagt, (nichts) getan: Die anonymen Veranstalter, die sich «Nachttänzer_innen» nennen, planen am 22. September eine Demonstration, wobei sie tanzend und feiernd durch Aarau ziehen wollen, ohne eine Bewilligung beantragt zu haben. So wäre die Demo-Party illegal gewesen.

Doch am 23. August wurde auf der Facebook-Seite der Veranstaltung ein Zitat aus einem E-Mail vom Chef der Stadtpolizei, Daniel Ringier veröffentlicht: «Unabhängig davon, ob Sie um Erlaubnis fragen und ein formelles Gesuch stellen wollen oder nicht, bewilligt die Stadt den Anlass». Die Illegalität ist somit aufgehoben. «Auch wenn nicht um Erlaubnis gebeten wurde, kann die Stadt trotzdem Anlässe bewilligen», sagt Daniel Ringier gegenüber der az. Dem «nächtlichen Tanzvergnügen 2.0» steht nichts mehr im Weg. Zu den Gründen der Bewilligung wollte er aber keine Auskünfte geben.

In Aarau hat es kein Platz zum Feiern

Mit ihrer Demonstration fordern die Aktivisten mehr Freiraum, über den man selber bestimmen kann. Diesem Ziel sind sie mit der Bewilligung ohne Antrag einen grossen Schritt näher gekommen.

In der Altstadt kommt es immer mehr zu Konflikten zwischen Jugendlichen und den Anwohnern. Die Altstadt wird zur Problemzone. Auch die Zukunft von Kulturplätzen, wie das Wenk oder das KIFF steht auf wackeligen Beinen. Die Nachttänzer stellten sich während eines Interviews mit der az im Juni die Frage: «Wo soll dann gefeiert werden?»

Auf Facebook treffen sie auf Verständnis und Anhänger. Dort haben sie ein eigenes Profil und eine Veranstaltungsseite zur Demo, «Nächtliches Tanzvergnügen 2.0». Bis jetzt haben sich schon über 550 Personen per Facebook für die Tanz-Demo angemeldet. Die tanzenden Demonstranten versammeln sich um 20.30 im Park der alten Kantonsschule und ziehen von dort aus weiter, ausgerüstet mit Musikwagen und fahrbarer Bar.

Aargauer Zeitung / 27. August 2012

Einsprecher und Politiker wollen keinen Abbruch auf Vorrat im Torfeld Süd


Buchserstrasse Quelle: az Aargauer Zeitung

Weil die Industriebrache Torfeld Süd in den nächsten Jahren neu überbaut wird, müssen zuerst diverse bestehende Gebäude dem Erdboden gleichgemacht werden. Im Juli und August lagen deshalb sieben Abbruchgesuche an der Buchserstrasse öffentlich auf.

von Thomas Röthlin

Gegen sämtliche Gesuche ist eine Sammeleinsprache von 19 Mitunterzeichnenden eingegangen. Dies sagt auf Anfrage Thomas Oetiker vom Stadtbauamt. Die Einsprache will verhindern, dass die Gebäude auf Vorrat abgebrochen werden.

Man stört sich also nicht am Verschwinden einzelner Liegenschaften - unter anderem einer Autowerkstatt und eines Vereinslokals: Der günstige Raum in den alten Häusern soll möglichst lang genutzt werden können. Laut Oetiker möchten die Einsprecher deshalb, dass die Abbruchbewilligungen auf die Baueingabe für die Neubauten abgestimmt werden.

Abbruch auf Vorrat befürchtet

Sekundiert werden die Einsprecher von drei Einwohnerräten der Fraktion Grüne/Jetzt!, die am Montag eine parlamentarische Anfrage einreichten. Sie «befürchten, dass ein Abbruch auf Vorrat erfolgen soll, was unter Umständen eine mehrjährige Baubrache zur Folge hätte». Die Zwischennutzungen sollten «so lange wie möglich erhalten bleiben».

Die Grundeigentümerin Mobimo präsentierte die Neubebauung im Dezember 2011. Die Detailplanung hat erst angefangen, Mobimo rechnet mit dem Bezug des neuen Quartiers ab 2015. Bereits bewilligt ist der Ende 2012 beginnende Abbruch des Gais-Hochhauses, gegen den keine Einsprachen eingingen. Dieses Baufeld wird für einen Ersatzbau der Aarauer Architekten Schneider & Schneider zeitlich vorgezogen. (trö)


Aargauer Zeitung / 22. Juli 2012

Jung, zornig, illegal und voller Tatendrang: Das sind Aaraus Protesttänzer


Anonym: Frida und Günther im Aarauer Rathaus-Park Quelle: Emanuel Freudiger)

«Der Sonntag» hat die anonymen Aarauer Protesttänzer namens Nachttänzer_innen getroffen. Diese haben für den 22. September in Aarau zum nationalen Protesttanz aufgerufen. Dabei treten sie bewusst anonym auf. Wofür stehen sie, was wollen sie?

von Stefan Künzli

Plötzlich war es da: «Wir möchten mit dir Kontakt aufnehmen und stehen für Fragen zur Verfügung», heisst es in dem Mail, das mit Nachttänzer_innen unterzeichnet ist. Die Mailschreiber geben sich als die Organisatoren des «Nächtlichen Tanzvergnügens 2.0» aus, das am 22. September in Aarau durchgeführt wird (siehe unten). Bedingung für das Treffen mit dem «Sonntag»: «Wir wollen anonym bleiben», schreibt Lisahans Irgendwas.

Wir treffen uns im Rathaus-Park hinter dem Kunsthaus und dem Grossrats-Gebäude in Aarau. Im Rasen sitzen zwei junge Erwachsene. Das müssen sie sein. Sie stehen auf, gehen auf mich zu und stellen sich als Frida und Günther vor. Der Park als Treffpunkt ist bewusst gewählt. Er steht für einen öffentlichen Raum, den die Aarauer Nachttänzer_innen Frida und Günther, aber auch andere Protesttänzer in Bern, Basel, Zürich und Chur bedroht sehen. Die rothaarige Frida stellt klar: «Wir wollen nicht einfach Party machen und uns besaufen. Was wir machen, hat eine politische Aussage, ist eine politische Aktion.»

«Der Freiraum wird kleiner»

Es geht um die zunehmenden Konflikte um die Nutzung im öffentlichen Raum. «Dieser Freiraum wird immer kleiner», erklärt Günther und zieht seine Schirmmütze noch etwas tiefer ins Gesicht. Es gehe um die zunehmende Überwachung, um eine allgemeine Zunahme der Verbotskultur, immer rigorosere Lärmbeschränkungen und erhöhte Polizeikontrollen. Vor allem Jugendliche und junge Menschen seien davon betroffen. «Wir werden immer wieder und ohne Grund kontrolliert, betatscht, schikaniert und gefilzt», beklagt sich Frida, «das ist manchmal ziemlich entwürdigend». Deshalb ist das «Nächtliche Tanzvergnügen» unbewilligt und soll auch ohne Bewilligung bleiben. Und deshalb wollen die Nachttänzer_innen auch anonym bleiben. «Wir können doch nicht jene um Erlaubnis fragen, die Mitschuld am Verschwinden kultureller und politischer Freiräume sind. Das wäre unsinnig und absurd», sagt Günther. «Wir wollen diesen Freiraum mit unseren Mitteln erschaffen und wollen, ja müssen ihn uns erkämpfen», ergänzt Frida. «Mit dem ‹Nächtlichen Tanzvergnügen› gewinnen wir den Freiraum zumindest temporär für uns. Alle sind eingeladen, alle sind willkommen, die keine rassistische, sexistische oder homophobe Ansichten haben.»

Frida und Günther sind keine politischen Heisssporne. Sie argumentieren ruhig, überlegt und aus einer echten Betroffenheit heraus. Beide sind gut zwanzigjährig und wohnen in der Region Aarau. Frida beginnt bald mit einem Studium, Günther hat soeben eine Lehre beendet. Beide stehen also mit beiden Beinen im Leben, und trotzdem fordern sie und das Kollektiv der Nachttänzer_innen den Staat, die Staatsgewalt und das politische System heraus. Mehr noch: «Wir lehnen den Staat und den Rechtsstaat ab», sagt Günther dezidiert. «Wir möchten frei sein in dem, was wir machen. Wir wollen unser Zusammenleben selber ordnen und brauchen dazu den Staat nicht», ergänzt Frida, «es geht uns um grenzenlose Entfaltung und wir sind der Meinung, dass der Staat brachliegendes Potenzial durch seine ständigen Einschränkungen abwürgt und zerstört».

Keine Forderungen an den Staat

Auf das kulturelle Angebot übertragen heisst das: «Wir möchten einen Freiraum, in dem Experimente möglich und erwünscht sind. Wo neue Sachen ausprobiert werden können, die auch mal schiefgehen dürfen, ohne dass Köpfe rollen müssen. Wir wollen selbstbestimmt lernen, lieben und leben», erklärt Günther, «und weil wir den Staat ablehnen, stellen wir auch keine Forderungen an den Staat. Wir wollen kein Geld und keine Unterstützung, nur Freiraum, eine Nische, die auch ohne Subventionen funktioniert.» Günther trägt ein T-Shirt der «Antifaschistischen Aktion». Er wehrt sich aber, als ich ihn und die Nachttänzer_innen der Linken zuordnen will. «Wir haben den gemeinsamen Konsens, dass wir gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus sind. Sonst sind wir jedoch ein bunter Haufen», sagt Günther.

Immerhin bestreitet er keine Verbindungen zur linksautonomen Anti-Faschismus- zur Hausbesetzer-Szene und der Szene um das alternative Internetportal www.aargrau.ch. «Wir sind politisch heterogen, wollen frei sein und uns frei entfalten können», erklärt Frida. Das tönt nach der alten FDP-Parole «Mehr Freiheit, weniger Staat». Frida widerspricht aber heftig. «Wir lassen uns parteipolitisch nicht einordnen und bewegen uns ausserhalb dieses Systems», erklärt sie weiter. «Anarchistisch?» «Naja …». «Libertär?» Die beiden schauen sich zögernd an. «Am ehesten.» Zumindest sympathisieren die beiden mit der Idee dieser politischen Philosophie, in der der Staat nicht über den einzelnen Menschen bestimmen darf und die den Staat überwinden und durch freie Selbstorganisation des Menschen ersetzen will.

«Macht aus dem Staat Gurkensalat», hiess es bei den 80er-Protesten. Auch damals ging es um selbstverwalteten, autonomen Freiraum. Die heute renommiertesten Kultur-Clubs wie die Rote Fabrik, das KiFF und andere sind Resultat dieser Bemühungen. Doch die 80er haben sich längst mit dem Staat arrangiert und sind etabliert. Unsere Nachttänzer_innen anerkennen die Leistung der 80er. «Das war sicher ein grosser Schritt», sagt Günther, «das KiFF ist eine nette Sache, auf seine Weise funktioniert es sicherlich gut, dies reicht uns aber bei Weitem nicht. Wir haben unsere eigene Kultur, wollen sie selber gestalten und sie für alle zugänglich machen.» Und Frida fügt hinzu: «Wir sind konstruktiv, wir wollen nicht zerstören, sondern aufbauen.»

Nächtliches Tanzvergnügen 2.0
Die Aarauer Protesttänzer, die Nachttänzer_innen, versprechen am 22. September «eine lange, heisse Nacht in Aarau. Via Facebook laden sie alle ein, feiernd und tanzend durch Aarau zu ziehen, um sich einen temporären Freiraum zu erkämpfen. Treffpunkt ist um 20.30 Uhr im Kantipark der Alten Kantonsschule. Die Organisatoren bauen auf die Mobilisierungskraft des Internets. Geplant ist ein nationaler Tanzprotest. Zum Live-Wagen, einem DJ-Wagen, einer fahrenden Bar kommt jetzt neu noch ein Dub-Reggae-Dancehall-Dubstep-Wagen.


drs.ch / 26. Juni 2012

Kritik an Heitere Openair wegen «rechtsradikaler» Band


Eine Band im diesjährigen Programm sorgt für Wirbel. Die Jungsozialisten von Zofingen sagen, sie sei rechtsextrem. Der Openairleiter winkt ab. (Quelle: ZVG Heitere Open Air)

Die Jungsozialisten von Zofingen kritisieren das Heitere Openair. Am diesjährigen Openair soll eine «mit Rechtsextremismus in Verbindung stehende» Band auftreten. Das Openair weist die Kritik zurück.

Der Südtiroler Band «Frei.Wild» dürfe man keine Plattform bieten, so die Zofinger Jungsozialisten. Die Band sei dem rechtsradikalen Umfeld zuzuordnen, so die Jungsozialisten. Ein Experte bestätige, dass die Band in ihren Texten die Nazi-Ideologie vermittle. Und der Sänger sei davor bei einer eindeutig rechtsextremen Band gewesen.

Aus den gleichen Gründen gab es auch schon in Zürich Kritik aus dem linken Umfeld. Die Band soll dort im Herbst im Hallenstadion auftreten.

«Nichts mit Rechtsextremismus zu tun»

Für den Leiter des Heitere Openairs sind diese Vorwürfe haltlos. Gegenüber dem Regionaljournal betont er, er kenne die Band. «Wer der Band genau zuhört und genau hinschaut, was die Band getan hat oder eben nicht getan hat, der weiss, dass sie nichts mit Rechtsextremismus zu tun hat».

Das Openair wolle allen Varianten politischer Ausrichtung Platz. Im Programm dieses Jahres habe es sowohl links wie auch eher rechts orientierte Bands. Jedoch keine radikalen oder extremen Gesinnungen. (meb)

Audio-Beitrag >>>


Aargauer Zeitung / 25. Juni 2012

Auftritt der Südtiroler Band Frei.Wild sorgt für Kritik am Heitere Openair

Linke Gruppierungen machen Druck auf das Heitere Openair in Zofingen: Sie fordern die sofortige Absage des geplanten Auftritts der umstrittenen Südtiroler Band Frei.Wild. Für die Organisatoren kommt das allerdings «keinesfalls infrage».

von Oliver Baumann

Am kommenden 11. August soll die Band «Frei.Wild» von 17.20 bis 18.30 Uhr auf der Parkbühne am Heitere Openair in Zofingen auftreten. Doch das geplante Konzert des umstrittenen Quartetts um den Südtiroler Sänger und Gitarristen Philipp Burger sorgt nun für Kritik.
Die Antifaschistische Aktion Aarau (Antifa) fordert in einem Offenen Brief an die Organisatoren des Heitere, der auch der az vorliegt, die sofortige Absage des Frei.Wild-Gigs. Die linken Aktivisten bezeichnen die Band in dem Schreiben als «völkisch-nationalistisch». Das Openair stelle sich somit als «Sprach-Organ einer sehr gefährlichen Ideologie zur Verfügung».

Juso unterstützen das Anliegen

Unterstützt wird die Forderung der Antifa auch von den Zofinger Jungsozialisten (Juso). «Einer solchen Band darf keine Plattform vor tausenden Jugendlichen am Heitere Openair geboten werden», wird Präsident Sascha Antenen in einer Medienmitteliung zitiert.
In der Tat bescheinigen Extremismus-Experten Frei.Wild immer wieder eine gewisse Nähe zum extremen rechten Rand des politischen Spektrums. Bandleader Burger war zeitweise Mitglied der rechstpopulistischen Südtiroler Partei Die Freiheitlichen und sang vor seinem Engagement bei Frei.Wild bei der Rechtsrock-Band Kaiserjäger

Liebe zum Südtirol

Die Band thematisiert in ihren Texten etwa die Liebe zum Südtirol. Unter anderem ist die Rede vom «heiligen Land», auf das «unsere Ahnen mächtig stolz» waren. Die Musiker selbst bezeichnen sich jedoch als «unpolitisch» und distanzieren sich auf ihrer Homepage von «jeglichem Rechtsradikalismus».
Für die Organisatoren des Heitere Openairs kommt eine Absage des Konzerts denn auch «keinesfalls infrage», wie Festivalleiter Christoph Bill gegenüber der az bestätigt. «Wir haben uns intensiv mit der Gruppe auseinandergesetzt und können hinter ihr stehen», sagt er. Die Vorwürfe an die Adresse von Frei.Wild seien «kalter Kaffee» und «im Kern nicht wahr».

Option auf «weiteren Protest»

Braunes oder rechtsextremes Gedankengut verbreite Frei.Wild in ihren Texten «sicherlich nicht», ist Bill überzeugt. «Ansonsten hätten wir sie nicht engagiert». Der Festivalleiter verweist zudem darauf, dass am Heitere Openair auch explizit linke Bands, wie die antikapitalistischen Politpunks von Anti-Flag auftreten würden.
Wie ein Mitglied der Antifa Aarau auf eine Anfrage per Mail mitteilte, könne derzeit noch nicht gesagt werden, ob weitere Aktionen gegen den Auftritt von Frei.Wild geplant seien. «Wir halten uns die Option auf weiteren Protest jedoch selbstverständlich offen.»


Aargauer Zeitung / 12. Juni 2012

Unbewilligter Tanzprotest in Aarau geplant


10000 Menschen trinken und festen an der «Tanz dich frei»-Party auf dem Bundesplatz. Raphael Moser
Wie in Bern soll nun auch in Aarau «wild» getanzt werden.


«Das gesellschaftliche Klima in der Schweiz gleicht immer mehr einer Polarwüste. Wir haben ein Gegenmittel: Eine lange, heisse Nacht in Aarau.» So lautete ein Aufruf im Internet, das am 22. September in Aarau zur Tanz-Demo lädt.

von Stefan Künzli

Der Aufruf kursiert im Internet unter dem Titel «Nächtliches Tanzvergnügen» und steht auf der Website ch.indymedia.org/de. Dort werden alle Interessierten eingeladen, am 22.September 2012 ab 20.30 Uhr im Kantipark Aarau zu feiern und tanzend durch die Stadt zu ziehen.

Indymedia ist ein offenes Forum und versteht sich als «emanzipatorisches, unabhängiges Mediennetzwerk von AktivistInnen». Der Aufruf zum «Nächtlichen Tanzvergnügen» ist anonymisiert, die Veranstalter nennen sich "Nachttänzer_innen".

Die Tanzparty ist nicht nur anonym, sie will auch ausdrücklich unbewilligt und damit illegal sein. «Wir wollen mit euch eine Party feiern», heisst es im Aufruf, «ohne vorher jene um Erlaubnis zu fragen, die Mitschuld am Verschwinden kultureller und politischer Freiräume sind.» Denn diese Projekte stünden, «unter ständigem Beschuss». Dabei verweisen die Aktivisten auf die Reitschule in Bern sowie die «illegalen Partys» in Zürich, die zu einem «kontrollierten und regulierbaren «Angebot der Stadt» gemacht» würden.

«Wir haben es selbst in der Hand»

Die Aktivisten beklagen, dass es in Aarau «keinen solchen selbstverwalteten Freiraum» gäbe, und auch die Zukunft etablierter Kulturangebote wie das KiFF, der Flösserplatz, Atelier Bleifrei, das Wenk oder die Kettenbrücke Aarau sei ungewiss. «Wo soll dann gefeiert werden?», fragen die Nachttänzer_innen. Die Altstadt Aarau werde «immer mehr als Problemzone, anstatt als Treffpunkt betrachtet». Und auch der neue Bahnhof lade «durch Konsumzwang und Wegweisungen nicht zum Verweilen ein».

«Wir haben es selbst in der Hand», schreiben die anonymen Aktivisten, «und komm auch du nach Aarau und erkämpfe dir ein Stück temporären Freiraum.» Die Veranstalter wollen mit einem Live-Wagen, einem DJ-Wagen und einer fahrenden Bar durch Aarau ziehen. «Das nächtliche Tanzvergnügen» baut ganz auf die Mobilisierungskraft des Internets und ist mit Facebook verlinkt. Geplant ist ein nationaler Tanzprotest. Die aufgeführten Bahnverbindungen aus allen Schweizer Städten nach Aarau sollen den Entscheid zum Mittanzen erleichtern.

Spur führt in Hausbesetzer-Szene

Doch wer steckt hinter Nachttänzeri_innen? Erste Hinweise führten zum Umfeld des Künstlerkollektivs Bleifrei, dessen Mitglied Tizian Baldinger in der alten Garage Brack auch beliebte Tanzpartys organisiert. Auf Anfrage der az dementiert Baldinger aber. Er finde es zwar gut, dass es Aktivitäten in Aarau gäbe, mit den Nachttänzern will er aber ausdrücklich nicht in Verbindung gebracht werden.

Wie ist die Polizei-Strategie?

Unter dem Titel «Nachttanz Demo» fand am 3.Dezember 2011 im Schlosspark Aarau schon einmal ein Tanzprotest statt. Gemäss Polizeimeldung nahmen rund 200 mehrheitlich junge Leute aus der autonomen Hausbesetzer-Szene daran teil und sechs Personen mussten «wegen Tätlichkeit und Beschimpfung vorübergehend festgenommen» werden. Die Kantonspolizei Aargau geht davon aus, dass sich hinter dem «Nächtlichen Tanzvergnügen» dieselben Veranstalter stehen. Die Namen seien der Polizei aber nicht bekannt.

Eine weitere heisse Spur führt zum links-aktivistischen Info-Portal www.aargrau.ch. Dort ist das «Nächtliche Tanzvergnügen» zwar nicht aufgeführt, Links führen aber zu Indymedia und die Berner Reithalle.
Wäre es nicht am einfachsten, das «Nächtliche Tanzvergnügen» einfach zu bewilligen? Und damit den «illegal» geplanten Tanzprotest zu legalisieren? «Wir behalten die Sache im Auge», sagt Polizeisprecher Bernhard Graser, «damit wir nicht überrumpelt werden.» Bei solchen Anlässen sei die Dimension leider schwer abzuschätzen. «Zu gegebener Zeit werden wir eine Lagebeurteilung vornehmen», sagt er weiter, «aber zu möglichen Polizei-Strategien sagen wir nichts.»


Aargauer Zeitung / 29. Mai 2012

Ein Zeichen für Familien und die Jugend im Reussstädtchen


Zwei Parolen an der ehemaligen Garage Rauch. Quelle: Andrea Weibel

«Für die Reichen wird gebaut, über die Anderen lieber weggeschaut» oder «Immobilienhaie zu Fischstäbli», das sind zwei der Parolen, die seit Montag an den Wänden der ehemaligen Garage Rauch an der Zürcherstrasse in Bremgarten prangen.

Die Sprayereien sind vom Eigentümer erlaubt. «Die Garage soll abgerissen und durch riesige Geschäftshäuser ersetzt werden», erklärt Raquel Schmid, Naturheilpädagogin und Mutter dreier Kinder. «So verschwindet aber auch Platz für Bremgarter. Dagegen wollten wir ein Zeichen setzen.»

Schmid verfolgt zwei Anliegen: Die Stadt soll dafür sorgen, dass nicht nur neue Firmen Platz bekommen, sondern auch mehr Raum geschaffen wird, wo sich besonders die junge Generation künstlerisch austoben kann, «denn sonst lassen sie ihre Wut auf den Strassen raus». Andererseits sei es auch schade um jede Minute, in der solche Räume wie jene der Rauch-Garage leer stehen.

«Solange nicht klar ist, was damit passiert, könnten sie günstig als Jugendräume oder Ateliers vermietet werden, auch wenn es nur für ein halbes Jahr ist», so Schmid. Darüber informierten sie und über 100 Gleichgesinnte die Passanten und Besucher des Pfingstmarktes.


Kantonspolizei Aargau / 21. April 2012

Lenzburg: Polizeiaufgebot wegen Demonstration

Am Samstag versammelte sich in Lenzburg eine Gruppe junger Menschen zu einem Demonstrationszug zur Justizvollzugsanstalt. Sie demonstrierten damit ihre Solidarität zum inhaftierten Aktivisten Marco Camenisch.

Am Samstag, 21. April 2012, zirka 14.00 Uhr folgten eine Gruppe Kundgebungsteilnehmer einem Aufruf des «Revlutionären Bündnis Zürich». Via Internet wurde im voraus zu dieser Solidaritätskundgebung in Lenzburg aufgerufen.

Eine Gruppe von zirka 25 bis 30 Teilnehmern begab sich dann auf einen Fussmarsch vom Bahnhof Lenzburg zur Justizvollzugsanstalt und machte auf Ihr Anliegen aufmerksam. Die Solidaritätskundgebung galt einem im Gefängnis sitzenden Bündner Oekoanarchisten, wie aus dem veröffentlichten Aufruf hervorgeht.

Neben zahlreichen Kantonspolizisten standen auch die Regionalpolizei Lenzburg sowie die SBB Transportpolizei im Einsatz, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

Die Kundgebung verlief friedlich. Es kam zu keinen Zwischenfällen. Die Teilnehmer zogen sich nach 15.30 Uhr wieder zurück.


Aargauer Zeitung / 21. April 2012

Aktivisten machen «Knastspaziergang» zu Marco Camenisch


Blick aus einer Zelle der Strafanstalt Lenzburg Quelle: az Aargauer Zeitung

Am Samstag versammelte sich in Lenzburg eine Gruppe junger Menschen zu einem Demonstrationszug zur Justizvollzugsanstalt. Sie demonstrierten damit ihre Solidarität zum inhaftierten Aktivisten Marco Camenisch.

Camenisch ist gegenwärtig in der Strafanstalt Lenzburg inhaftiert. Die Gruppe protestierte mit ihrem «Knastspaziergang» nach eigenen Angaben gegen den Entscheid, Camenisch nicht vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Er hätte frühestens dieses Jahr freikommen können.

Der Aktivist war durch die Sabotage von Atomanlagen in den 80er-Jahren zu Bekanntheit gelangt. Bei einer späteren Fluchtaktion soll er einen Grenzbeamten getötet haben.

Die Polizei begleitete die friedliche Kundgebung mit 25 bis 30 Teilnehmern, zu der das «Revolutionäre Bündnis Zürich» aufgerafen hatte. Der Protestmarsch endete gegen 15.30 Uhr.

Neben zahlreichen Kantonspolizisten standen auch die Regionalpolizei Lenzburg sowie die SBB Transportpolizei im Einsatz, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. (mgt/cze)


Aargauer Zeitung / 19. März 2012

20-jähriges Jubiläum: «Kuzeb hat die lokale Kultur mitgeprägt»


Foto: www.bremgarterbezirksanzeiger.ch

Das Kulturzentrum «Kuzeb» in Bremgarten feiert sein 20-jähriges Bestehen mit Improvisationstheater, Musik und einem Jubiläumsbuch.

von Tim Honegger

Seit zwanzig Jahren ist die alte Kleiderfabrik in Bremgarten eine Stätte der Kultur. In dieser Zeit wurden dem Verein viele Steine in den Weg gelegt, wie der Vereinsgeschichte auf der Website www.kuzeb.ch zu entnehmen ist. «Doch heute läuft es im Kuzeb besser denn je», verkündete Lukas Walde zu Beginn der Feierlichkeiten.

Das Jubiläum verdeutlicht nicht nur den Reichtum an Erinnerungen im Kuzeb, sondern auch den Optimismus für dessen Zukunft. So machte an der Jubiläumsfeier ein demonstratives Schild auf der Bühne klar: «Hier bleiben wir Hausherr.»

Fundament für Kultur

Die neulich renovierte Mehrzweckhalle ist der beste Beweis dafür, dass im Kuzeb immer etwas im Gange ist. Oft seien es indes kleinere Projekte, die hier ins Leben gerufen werden, erklärt Michele Pizzera, Mitglied des Kollektivs. «Das Kuzeb bietet aktiven und geistreichen Leuten eine Plattform – das Fundament für eine lebendige lokale Kultur.» Pizzera ist sich bewusst, dass das Kuzeb nicht die typische Aargauer Kultur repräsentiert. Das sei auch nicht das Ziel des Vereins, «vielmehr möchten wir aufzeigen, dass es Lebensweisen abseits des Mainstreams gibt».

Was für ihn feststeht: «Das Kuzeb hat die lokale Kultur in den letzten zwanzig Jahren massgeblich mitgeprägt.» Das 20-jährige Bestehen wurde denn auch nicht mit einem 08/15-Anlass und trockenen Reden gefeiert. Stattdessen unterhielt das hauseigene Improvisationstheater die Zuschauer. Diese neue Art des Theaters basiert darauf, komplett spontan und ohne Drehbuch zu schauspielern.

Zudem werden Vorschläge aus dem Publikum direkt umgesetzt, was zuweilen zu grotesken Situationen führte. So hatte die sechsköpfige Theatergruppe dieselbe Szene in verschiedenen Genres darzustellen. Besonders skurril war der Unterschied zwischen Liebesfilm und Horrorstreifen. Für die musikalische Unterhaltung sorgte der Berner Liedermacher Peter Sarbach.

Meilenstein in der Geschichte

Der grösste Aufwand beim Kuzeb-Fest war für die Verwirklichung des knapp 200-seitigen Jubiläumsbuches nötig, die zwei Jahre in Anspruch nahm. Mehr als 20 Autoren verfassten Texte, schossen Bilder und zeichneten Karikaturen. Das Buch ist aber kein rein historisches Zeugnis, sondern erlaubt auch einen Einblick hinter die Fassade des ältesten autonomen Kulturhauses der Deutschschweiz.

Die Texte handeln von den unterschiedlichsten Themen: von Rezepten für vegane Burger bis hin zum Konzert, das während des Pfingstmarktes auf dem Dach des Kulturzentrums stattfand. Das Buch zeigt damit eindrücklich die Vielfalt des Kuzeb Bremgarten auf.

Optimistisch für 2032

Besonders stolz erklärt «die Buchgruppe», dass das Kuzeb seit Anbeginn keinen Rappen aus der Staatskasse erhalten und in den vergangenen 20 Jahren nicht einen Franken Lohn ausbezahlt habe – das sei vermutlich eine Einmaligkeit in der Schweiz.

Ermöglicht haben dies die Mitglieder, die sich allesamt ehrenamtlich für das Zentrum engagierten. Diese Mitarbeit ist ein Prinzip des Kuzeb: produzieren statt nur konsumieren. «Wenn das Kuzeb seinen Grundsätzen weiterhin treu bleibt, bin ich auch für die Zukunft in 20 Jahren optimistisch», meinte Pizzera. Die basisdemokratische Vereinsstruktur sei der Garant für das Fortbestehen des Kulturzentrums.



Aargauer Zeitung / 7. März 2012

Einer der Aarauer Autozeusler muss ins Gefängnis


Ein Angeklagter mit seinem Verteidiger auf dem Weg ins Gericht Quelle: Adrian Hunziker

Der Prozess gegen zwei linksautonome Autozeusler dauerte am Mittwoch äusserst lange. Gegen 21.30 Uhr wurde der eine zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Für den anderen muss noch ein psychologisches Gutachten erstellt werden.

von Adrian Hunziker

Vor dem Aarauer Bezirksgericht standen am Mittwoch zwei 22-jährige Linksautonome. Sie wurden beschuldigt, 2009 in sechs Fällen vornehmlich Luxusautos im Aarauer Zelgliquartier in Brand gesetzt zu haben (az berichtete).
Erst gegen 21.30 Uhr verkündete das Bezirksgericht das Urteil: Es verurteilte einen der jungen Männer wegen mehrfacher teils versuchter Brandstiftung und wegen mehrfacher Sachbeschädigung durch Sprayereien zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren. Das bedeutet: er muss für ein Jahr ins Gefängnis, die restlichen zwei Jahre der Haftstrafe werden auf Probe aufgeschoben.

Der zweite Beschuldigte wurde in den gleichen Anklagepunkten ebenfalls schuldig gesprochen. Doch das Gericht konnte für ihn noch kein Strafmass ansetzen, da zuerst ein psychologisches Gutachten erstellt werden muss. Dieses soll entscheiden, ob der junge Mann schuldfähig ist oder nicht.

Ein erster Augenschein

Die Verhandlung begann eher ungewöhnlich: Im Zelgliquartier traf sich um zehn Uhr morgens das Aarauer Bezirksgericht, die beiden Angeklagten mit Verteidigern und die Anwälte der Zivilkläger. Es wurde ein Tatort begutachtet, bei dem die Zeusler im November 2009 zwei Autos in Brand gesteckt hatten. Sie hatten Zündwürfel unter den linken Vorderreifen entzündet. Ein Übergreifen des Feuers auf die angrenzenden Wohnhäuser verhinderte ein patrouillierender Polizist.

Als um 14 Uhr die Verhandlung im Gerichtsgebäude des Aarauer Bezirksgerichtes hätte weitergehen sollen, überraschte Gerichtspräsident Thomas Müller mit den Worten: «Wegen ungenügender Sicherheitsvorkehrungen verlagern wir die Verhandlung ins Polizeikommando in der Telli.» Grund für den Ortswechsel waren wohl die vielen Sympathisanten, die die Angeklagten vor und im Gerichtssaal unterstützen wollten.

Aufnahmen der Brandstifter

Nachdem alle Involvierten die Sicherheitsbarrieren durchschritten hatten, wurde der Prozess fortgeführt. Der Einsatzleiter der Polizei, die im November 2009 wegen der vielen in Brand gesetzten Autos im Zelgliquartier patrouilliert und Kameras installiert hatte, präsentierte Videoaufnahmen.

Darauf war zwar nicht zu sehen, wie die Beschuldigten Autos in Brand steckten, jedoch genügten die Aufnahmen, die Angeklagten zu überführen. So war es nicht weiter erstaunlich, dass die jungen Männer diesen Fall der Brandstiftung zugaben. Mit den restlichen fünf Vorfällen wollten sie jedoch nie etwas zu tun gehabt gaben.



Aargauer Zeitung / 7. März 2012

Weil Sicherheit nicht gewährleistet ist, wird Verhandlung verlegt


Sympathisanten der Angeklagten besammeln sich Quelle: Adrian Hunziker

Zwei Zeusler stehen heute wegen Brandstiftung vor dem Aarauer Bezirksgericht. Sie hatten vor knapp drei Jahren in Aarau mehrere Luxuskarossen in Brand gesteckt. Weil die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichten, wurde die Verhandlung verlegt.

von Adrian Hunziker

Um zehn Uhr heute Morgen traf sich das Aarauer Bezirksgericht, die beiden Angeklagten mit Verteidigern und Anwälten der Zivilkläger im Aarauer Zelgliquartier. Dort wurde ein Tatort begutachtet, bei dem die zwei linksautonomen Zeusler im November 2009 zwei Autos in Brand gesteckt hatten. Sie hatten damals Zündwürfel unter den linken Vorderreifen entzündet.

Ein Übergreifen des Feuers auf die angrenzenden Wohnhäuser verhinderte ein patrouillierender Polizist. Somit wurden nur die betroffenen Reifen des Volvos und des Opels beschädigt. Es entstand an diesem Tatort ein Sachschaden von 450 Franken.

Ein Gutachter der Aargauer Gebäudeversicherung gab aber vor Ort zum Protokoll, dass die Möglichkeit eines Übergreifens auf die Wohnhäuser bestanden hätte, wenn das Feuer nicht gelöscht worden wäre.

Unterstützung mit Musik

Nach diesem kurzen Augenschein zogen sich das Bezirksgericht und die weiteren Beteiligten ins Gerichtsgebäude zurück, denn der nächste Teil der Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Direkt neben dem Gerichtsgebäude sammelten sich derweil Sympathisanten der Angeklagten und machten mit lauter Rap-Musik auf sich aufmerksam. Zwischenzeitlich betraten einige von ihnen das Gerichtsgebäude, mussten dies nach kurzer Zeit aber scheinbar wieder verlassen.

Verhandlung ins Polizeigebäude verlegt

Die Verhandlung sollte eigentlich um 14 Uhr wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein und im Gebäude des Aarauer Bezirksgericht weitergeführt werden. Sie wurde aber ins Gebäude der Kantonspolizei verlegt. Die Sicherheitsvorkehrungen seien nicht gewährleistet, hiess es.

Die Staatsanwaltschaft fordert für die beiden Angeklagten wegen mehrfacher Brandstiftung und Sachbeschädigung je eine Freiheitsstrafe von vier Jahren.



Aargauer Zeitung / 16. Januar 2012

Schweizer Demokraten wollen Bettwiler Demonstranten verklagen


Der Demonstrationszug ztieht nach Fahrwangen ein.. Quelle: Pascal Meier

Teilweise vermummte Demonstranten haben am Sonntag in Bettwil gegen die Bevölkerung und deren Siegesfeier übers gebodigte Asylzentrum demonstriert. Die Bevölkerung wurde dabei unter anderem auch als «Nazis» beschimpft. Der SD geht das zu weit.

Der Gipfel der Frechheit sei, dass Demonstranten «Bomben auf Bettwil» gerufen haben, schreibt die SD Aargau in einer Mitteilung. Sie erachten diese öffentlichen Rufe als Drohung gegen die Bettwiler Bevölkerung. Inakzeptabel ist in ihren Augen auch, dass die Bettwiler Bevölkerung pauschal als Nazis bezeichnet wurden.

Solche Aussagen der Jusos und Linksautonomen etikettiert die Rechtsaussenspartei als diskriminierend und «Bomben auf Bettwil» als Einschüchterung und Drohung.

Sollten die Behörden gegen diese Organisatoren deswegen nicht gerichtlich vorgehen, dann wollen die Schweizer Demokraten eine Strafklage gegen die «Anstifter dieser Demonstration» prüfen. (rsn)

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Aargauer Zeitung / 16. Januar 2012

Jungsozialisten distanzieren sich von Bomben-Parolen




Demonstrationszug durchs Dorf. Quelle: Pascal Meier

Die Schweizer Demokraten drohen den Juso mit einer Klage, weil an der von ihr organisierten Demonstration in Bettwil am Sonntag Nazi- und Bombenparolen zu hören waren. Die Jusos distanzieren sich von solchen Aussagen und kritisieren die SD.

«Mit ihrer Klagedrohung versucht die SD im Nachhinein politischen Profit zu ziehen», sagt der Aargauer Juso-Präsident Florian Vock. Rechtlich sei eine Klage aber aussichtslos. Die Juso könne für Äusserungen von anderen DemonstrationsteilnehmerInnen nicht verantwortlich gemacht werden.

Vock macht auch klar, dass die Person, die «Bomben auf Bettwil» geschrien habe, von den Organisatoren zurecht gewiesen worden sei und sich anschliessend für die unbedachte Aussage entschuldig habe. «Wir distanzieren uns ganz klar von solchen Äusserungen».

Friedliche Demonstration

Vock weist darauf hin, dass die Demonstration sehr friedlich verlaufen sei. «Wir haben auch stets deutlich gemacht, dass unsere Kritik nicht an die Ausübung demokratischer Rechte durch die Bettwiler und Bettwilerinnen gerichtet ist, sondern sich auf die «Freudenfeier» bezieht. Auf dem Buckel der Menschlichkeit und Solidarität feierte ein ganzes Dorf den Sieg gegen Bund und Kanton.»

Die Aargauer Schweizer Demokraten haben am Montag mitgeteilt, dass sie gegen die Organisatoren der Demonstration eine Klage prüfen. Sie betrachten die Rufe «Bomben auf Bettwil» und Nazis als diskriminierend und als Einschüchterung und Drohung.

Sollten die Behörden gegen diese Organisatoren dagegen nicht gerichtlich vorgehen, dann wolle man eine Strafklage gegen die «Anstifter dieser Demonstration» prüfen, so die SD in einer Mitteilung.

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Aargauer Zeitung / 16. Januar 2012

«Bomben auf Bettwil!»: Linksautonome und Juso demonstrieren in Bettwil


Der Protestzug zieht Richtung Gemeindehaus. Quelle: Pascal Meier

Jungsozialisten und Linksautonome haben in Bettwil gegen die Bevölkerung und deren «Menschenhetze» im Asyl-Streit mit dem Bund protestiert. Die Bettwiler verfolgten die Aktion nur als Zaungäste oder blieben auf Anraten des Gemeinderates zu Hause.

von Pascal Meier

«Bettwil, wir sind da, autonome Antifa», hallt es durch die Strassen. Rund 40 Demonstranten ziehen mit Musik und Fahnen zum Gemeindehaus und hinterlegen dort eine Protestnote, in der das Verhalten der Bevölkerung im Kampf gegen die Asylunterkunft kritisiert wird.

Aufgerufen zur Demonstration hatten linke Gruppierungen aus Basel, darunter Vertreter der Juso Basel-Stadt sowie des Grünen Bündnisses. «Wir haben Probleme, weil bei uns Asylplätze fehlen - der Aargau soll auch seinen Beitrag leisten», sagt Sarah Wyss, Präsidentin der Juso Basel Stadt. «Wir Grossstädter möchten Bettwil sagen, dass man gut mit Asylsuchenden zusammenleben kann.»

Bettwiler als «Nazis» beschimpft

Dem Protestruf aus Basel sind auch die Aargauer Jungsozialisten gefolgt. «Es geht uns nicht darum, ob eine Asylunterkunft in Bettwil Sinn macht», sagt Florian Vock, Präsident der Juso Aargau. «Wir sind entsetzt, wie die Bettwiler mit Freudentänzen die Verhinderung der Asylunterkunft gefeiert haben.» Dass sich auch Linksautonome dem Protest angeschlossen haben, ist für Vock kein Problem. «Es ist jeder willkommen und wir haben abgemacht, friedlich zu bleiben.»

Der Protest verläuft ohne Zwischenfälle, auch wenn vermummte Linksautonome die Bettwiler als «Nazis» beschimpfen und «Bomben auf Bettwil» rufen. Die Reaktion darauf fällt jedoch mager aus: Fensterläden sind verschlossen, Strassen mit Ausnahme des grossen Polizeiaufgebots wie leer gefegt und die Protestplakate gegen die Asylunterkunft über Nacht verschwunden.

Nur ein paar Jugendliche verfolgen als Zaungäste den Demonstrationszug, lassen sich aber nicht provozieren. Der Appell des Gemeinderats zeigt damit Wirkung: Die Bettwiler sind Zuhause geblieben. Und wer draussen ist, lässt die Demonstranten wortlos vorbeiziehen.

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